Kassensturz im Zeichnerkonto
Wie weit ich's (nicht) gebracht habe
Ok. Die Würfel sind gefallen, ich will und werde von nun an massig Energie in die Schundzeichnerei stecken. Aber zuerst mal sehen, was so auf dem Konto ist - dem Zeichnerkonto!
Auf der einen Seite insgesamt 61 Jahre, in denen Karl und ich eher wenig gezeichnet haben. Jeder mit ein bißchen Ahnung von der Materie wird sagen: »Vergiß es! Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!« Und Opa Hans sowieso nicht.
Kümmert mich aber nicht. Ich brenne darauf, großartige Taten zu vollbringen und sehe überhaupt nicht ein, aus Gründen der »Vernunft« auf die Bremse zu treten. Ja, ich werde erst richtig wach, wenn irgendwer sagt: DAS GEHT NICHT!
Positiv ins Gewicht fällt außerdem, daß ich kein Totalversager bin. Es macht sich doch bezahlt, daß ich über die Jahre immer mal wieder Superhelden abgezeichnet habe und außerdem Anatomiebücher für mich keine terra incognita sind. Über das viele Gekritzel und Geschmiere nackter Muskelmänner habe ich immerhin einen halbwegs sicheren Strich entwickelt, wie über das Video weiter unten unschwer zu erkennen ist. Die fixe Skizze zeigt zwar auch deutlich, woran es bei mir krankt - ist aber auf jeden Fall ein guter Startpunkt, damit läßt sich was machen.
Daneben hat auch die Comicproduktion in der ALLIGATOR FARM vor einigen Jahren in meinem Kopf wie auch in der Schundburg ihre Spuren hinterlassen - reichlich Zeichenmaterial, Lehrbücher, eine gewisse Erfahrung und nicht zuletzt meine grandiose Schundsammlung sind durchaus hilfreich. Ich muß nicht ganz von vorne anfangen und in absolut jede Falle selbst hineinlaufen; zudem kenne ich etliche Abkürzungen und methodische Tricks.
Der Haken: Ich halte es nur schlecht aus, eine miese Zeichnung zu machen, weil ich recht genau weiß, wie eine gute aussieht. Das ist eine üble Bremse, so was kennt man als Kind oder Teenager nicht. Die zeichnen einfach drauflos und halten sich für die Größten, wenn Mama ihnen das sagt.
Womit wir beim größten Problem sind: Wenn ich drauflos zeichne, kommt wie ferngesteuert ein Muskelmann dabei raus, der sich motivationslos übers Blatt räkelt. Denke ich hingegen vor Zeichenbeginn über mein Bild nach und setze ein Motiv um, ist das Ergebnis meist grauenerregend. Weshalb ich unterm Strich lieber Muskelmänner zeichne. Verharre also in meiner Komfortzone.
Im Beispiel: Ich beginne also meist mit einer nackten Figur. Und sooo mies ist die oft gar nicht, wie gesagt. Ja, könnte man was draus machen … äh … aber WAS denn? Ich stehe wie Ochs vorm Berg, weiß nicht, wie ich meiner Kreation Leben einhauchen soll. Fühle mich wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange.
Klar, ich könnte einen Barbaren vom Schlage Conans draus machen … aber in meinem Kopf herrscht tiefste Nacht. Blackout. Blockade. Ich komme nicht vom Fleck - der Typ will nicht leben, lieben, kämpfen, hassen, nicht mal im Supermarkt einkaufen. Ich habe eigentlich nichts zu erzählen - außer daß ich zeichnen will! Will! WILL! Aber sonst ist da kaum was. Ich bin eben doch ein talentfreier Totalversager, der sich zuviel auf die Schultern packt … oder etwa nicht? PAH! FICK DICH WELT!
Halten wir fest: Mir fällt nichts vor dem Zeichnen ein und auch nicht währenddessen. Ich lege einfach los und laufe mit Begeisterung, aber orientierungslos in die Wüste. Und wundere mich, daß da nix ist und ich verdurste. Weshalb ich den Muskelmann zerknülle und wegwerfe.
Es muß was mit Angst zu tun haben, anders kann ich’s mir nicht erklären. Und um dieser Angst ein Schnippchen zu schlagen, muß ich ran an die Ursachen. Die irgendwo in der Vergangenheit begraben liegen, wie jeder Psycho-Klempner weiß. Damit werde ich mich in den kommenden Beiträgen beschäftigen!
Weshalb ich mir diesen Zirkus antue, dazu noch an dieser Stelle? Meine Tochter hat mir die passende Antwort auf so eine doofe Frage aufs Brot geschmiert, als sie gerade vier war: WEIL ICH DAS WILL, quäkte sie voller Inbrunst, als ich von ihr die Gründe erfahren wollte, weshalb sie unzählige Herzchen aufs Blatt gekritzelt hatte. Womit sich jede Nachfrage erledigt hatte. Das ganze Gelaber über schlaue Gründe und hehre Ziele.
Manche Dinge verlangen eben ultimativ, erledigt zu werden.
Ende der Diskussion, BASTA!