Der späte Blogger fickt den Wurm
Ab sofort heißt es für mich: Ich blogge, also bin ich. Bloggt eigentlich noch irgendwer? Die Krönung des Datenschutzes war die Mutter des Bloggersterbens. Wo sind Millionen Hardcore-Blogger hin? Haben sie Schiß vor Anwaltsbriefen und strengen Richtern? Strafzahlungen, Pranger, Gefängnis, Todesstrafe? Einige sicher, aber die meißten sind durch all die Datenschutzvorschriften einfach nur gestreßt. Einen Blog im Web zu unterhalten, ist ein schwer zu kalkulierendes Risiko geworden und damit unbequem. Dann lieber nicht.
Die Musik spielt längst woanders, die Irren schlitzen sich lieber auf Twitter, Facebook, Youtube die Bäuche auf. Sorry, schlitzten. Sie treiben sich jetzt bei Snapchat, Instagram, TikTok rum. Für den Quickie aus der Hüfte. Hunderttausende oder Millionen Follower können sich nicht irren, sie sind die Nadel im Arm des Vloggers. Warum wenig, wenn man viel haben kann?
Perfekt. Ich liebe das. Wenn du im Schatten stehst und dich deshalb alle für einen Verlierer halten. Ich wurde mit 15 Maoist, als denen bereits die Leute wegzulaufen begannen. Als in meiner Heimatstadt Wuppertal fast alle Punks zu Skins konvertierten, bemalte ich meine erste Lederjacke und ließ mir die Haare schneiden. Die APPD war auch schon von gestern, als ich meine ersten pogo-anarchistischen Pamphlete verfaßte.
Das ging auch in den folgenden Jahrzehnten so weiter, ich ich kam und komme fast immer zu spät. Nämlich genau dann, wenn die Sau bereits durchs Dorf getrieben ist, die Nummer abgegessen. Avantgarde kann ich nicht. Avantgarde ist für Leute, die an Magenbluten verrecken wollen.
Die eingebildete Avantgarde sagt auch: Nur noch arbeitsgeile Idioten bauen ihre Seiten fürs Web selbst. Die mit der echten Ahnung verwenden lieber Baukästen wie WordPress oder Wix oder Jimdo (die Hardcore-Teccies Laravel und Konsorten). Obergestrige Langweiler jedoch (Leute wie ich) scheißen auf Monokulturen und sind Hackerangriffe und Software-Abos leid. Sie wollen selbst die Regeln machen und sie dann nicht befolgen.
Diese Website und diesen Blog habe ich selbst von Hand zusammengeschraubt, Codezeile für Codezeile. Niemand bloggt noch so wie ich, keiner tut sich das an. Keiner Niemand ist Karl Nagel, und der hat noch einiges auf dem Zettel.
Mußt Du nicht lesen, was ich hier ablasse. Das Interessanteste davon kommt eh irgendwann auf Papier, der besten aller Möglichkeiten. Der Liebe meines Lebens.
In einigen Jahren - speziell falls ich bis dahin tot sein sollte - werden sie alle diesen meinen einzigartigen Blog gelesen haben wollen, vom ersten Tag an. Glaubt niemandem, der so was von sich gibt.
Für Dich und auch für mich gilt: Scheiß auf meine Meinung!